Die Neuauflage von Poschardts Doktorarbeit aus dem Jahr 1995 wird von Fachkundigen als “Standardwerk” zum Thema gewertet. Gesellschaft, Kunst und Politik werden im Zusammenhang mit der DJ-Kultur betrachtet. Wenn man sich der Informationsdichte des wissenschaftlichen Textes mit Geduld annimmt, wird man das erworbene Wissen als DJ mit Sicherheit schätzen. Beim Lesen mit der Aufmerksamkeitsspanne eines Durchschnittsmillennials wird die Lektüre aber – zugegeben – an einigen satzbaulich verklausulierten Stellen, so wie dieser hier, etwas ermüdend. Um also die Lektüre spannend zu gestalten, sind regelmäßige kleine Pausen mit diversen Musikanwendungen und Club-Besuchen zu empfehlen.
Nach einem Vorwort zur Neuauflage geht es in der Einleitung schon gleich kulturphilosophisch zur Sache. Poschardt stellt methodisch akkurat einige Theorien vor. Zum Beispiel sind das:
If you know what I mean … Um alle Ideen zu durchschauen, ist ein ausgeprägtes Interesse für Philosophie in diesem Abschnitt von großem Vorteil.
Der Schwerpunkt dieses Werks der DJ-Literatur liegt auf dem Kapitel zur Geschichte. Hier wird die Evolution der DJ-Kultur anhand der sich entwickelnden Musikgenres wie eine Chronik nachvollzogen: Disco, House und Hip-Hop werden ausführlich vorgestellt, die zusammengefassten Dancefloor-Stile danach werden ziemlich zackig abgearbeitet. Die stellenweise selektive Herangehensweise dient dazu, bestimmte Theorien zu verdeutlichen, also wurden einige Bereiche stärker ausgebaut, andere Gedanken hingegen eher angeschnitten.
Neben den Meilensteinen und Verbindungen in der Entstehung von musikalischen Strömungen geht es immer wieder um deren kulturelle Bedeutung. Beispiel: Im Hip-Hop erkundet Poschardt die historischen Vorbilder und Grundlagen des Rap, aber auch das Wesen von Rap als Sprachkunst, seine Codes und Inhalte, gesellschaftliche Funktionen und Auswirkungen. Poschardt stützt sich auch hier auf diverse Quellen. Er zitiert bedeutende Geisteswissenschaftler ebenso wie Pop-Magazine, Interview-Ausschnitte und (Rap-)Lyrics. Zur Illustration gibt es vereinzelt teils merkwürdige kleine Fotos, die für die Ausführungen eigentlich keinen Mehrwert haben.
Die Informationen in dem Geschichtskapitel haben die nötige Tiefe, um einen umfassenden Überblick zu liefern. Die wissenschaftlichen Aspekte mischen sich gut unter die Fakten zur Musik- und Kulturgeschichte. Auch kleine Exkurse zum technischen Fortschritt im Bereich der DJ-Hardware beweisen, dass Poschardt wichtige Einflüsse lückenlos benennt.
Das Kapitel fordert den Leser auch nicht so sehr wie die kulturphilosophisch geprägten Teile des Buchs, so dass man eigentlich keine Verständnisschwierigkeiten haben sollte. Umso kleinkarierter unsere Feststellung, dass Poschardt trotz seines enormen Brains kein besonders gutes Namensgedächtnis zu haben scheint: “Francis Grosso”, sowie “Florian Hütter und Ralf Schneider von Kraftwerk” mögen es ihm verzeihen.
Zum Ende der Chronik fasst der Autor sich kürzer, schon der Titel des Unterkapitels “Der Dancefloor-Planet – 1987-1995” deutet darauf hin. Für die Kultur in Deutschland formuliert er seine Überschrift beispielsweise: “Deutschland – Westbam und der Rest.” Die Abbildung der deutschen Technoszene lässt etwas zu wünschen übrig. Mag daran liegen, dass Westbam im Nachwort selbst noch ein Wörtchen mitreden will. Aber nicht nur zum Thema Techno (in Detroit oder Deutschland), sondern zur gesamten europäischen Musik-Szene findet man in dem Buch wenige Infos. Kritische Worte zur Kommerzialisierung der Techno-Kultur sowie zum Unglück bei der Loveparade in Duisburg stehen nicht im Kapitel zur Loveparade, aber immerhin im Nachwort von Tim Renner.
Im letzten Kapitel, dem “Versuch einer Theorie”, darf Poschardt sich als Popforscher austoben. Er zieht die kulturphilosophischen Rückschlüsse aus seiner vorangegangenen Chronik der DJ-Kultur. Wechselwirkungen zwischen Subkulturen und Pokultur, Theorien zu Fortschritt im kulturellen Bezug, Avantgarde, Hochmoderne, Postmoderne / Hegel, Adorno, Marx und Engels, Foucault, Diederichsen, Cohn, Pubic Enemy. Mit anderen Worten: Er diggt deep.
Damit dieser Text nicht ähnliche Ausmaße annimmt, dürfen wir uns mit dem Fazit verabschieden: Anspruchsvolle und lehrreiche Sachlektüre für den kulturell interessierten DJ, der vor intellektuellen Texten nicht zurückschreckt.
DJ Culture. Diskjockeys und Popkultur
Ulf Poschardt
559 Seiten
Klett-Cotta Verlag
Preis: 26,95 €
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